Immer wieder tauchen Motive aus und Referenzen auf den Brontë Klassiker Jane Eyre auch in anderen Texten auf. Zwei Romane, die sich der „Mad-Woman-in-the-Attic“ widmen, sind Jean Rhys‘ Die weite Sargassosee (1966) und Die gelbe Tapete (1892) von Charlotte Perkins Gilman.

Rhys‘ Roman erzählt die Vorgeschichte von Bertha, Rochesters erster Frau. Sie wächst auf Jamaika auf und lebt aus verschiedenen Gründen in verschiedenen Welten – zwischen arm und reich, weiß und schwarz, ehemaligen Sklaven und Herrschern, Weiblichkeit und Männlichkeit, zwischen Realität und Wahnsinn. Als sie verheiratet werden soll, ist sie zunächst skeptisch, lässt sich dann aber leidenschaftlich auf die Beziehung zu Rochester ein. Als dieser beschließt, nach England zurückzukehren, ist sie gezwungen, mit ihm zu gehen. Doch die Welten, die hier aufeinander prallen, wollen nicht so recht zusammen passen – und wer aus dem Raster fällt, gilt als verrückt…

Was unendliches Potential gehabt hätte, lässt in der Umsetzung zu wünschen übrig. Die Protagonistin blieb mir fremd, Themen wie Kolonialisierung und Unterdrückung von Frauen wurden nur oberflächlich angeschnitten, die Geschichte plätscherte so dahin. Not my cup of tea.

Ganz anders: Die gelbe Tapete!

Sie ist von einem sehr seltsamen Gelb, diese Wandtapete! Es erinnert mich an alle gelben Dinge, die ich jemals gesehen habe – nicht an die schönen, wie Butterblumen, sondern an alte, faulige, verdorbene gelbe Dinge.

S. 38.

Gilmans Protagonistin hat eine nicht näher benannte psychische Erkrankung. Auf Anraten ihres Mannes, der Arzt ist, mieten sie sich in einem Dachzimmer auf dem Land ein, in dem sie sich erholen soll. Die gelbe Tapete in dem Zimmer hat jedoch eine besondere Wirkung auf die Ich-Erzählerin, die uns in tagebuchartigen Einträgen von ihrem Alltag berichtet, denn es scheint, als lebe eine Frau dort hinter dem Muster. Eintrag für Eintrag folgen wir der Erzählerin tiefer in den Wahn, in dem sie mehr und mehr selbst die Frau hinter der Tapete wird. Auf gerade einmal 50 Seiten entfaltet sich hier ein kafkaeskes Meisterwerk, das seinesgleichen sucht!
Mich hat es sprachlich umgehauen und schaurig schön gegruselt. Highlight!