‚Sylvie, wenn Sie nicht an Gott glauben, wie können Sie das Leben dann ertragen?‘
‚Aber ich liebe das Leben‘, sagte ich.
‚Ich auch. Nur wenn ich mir vorstelle, die Menschen, die ich liebe, würden allesamt sterben, dann würde ich mich sofort umbringen.‘
‚Ich habe keine Lust, mich umzubringen‘, sagte ich.

S. 78.

Im Rahmen von #wicl haben @lisa_liest und ich uns diesen Monat Simone der Beauvoir gewidmet. Die @buechergilde hat uns dafür Exemplare von der Beauvoirs jetzt posthum veröffentlichten autofiktionalen Roman „Die Unzertrennlichen“ zur Verfügung gestellt.

Paris Anfang des 20. Jahrhunderts.
Sylvie verlebt ihre Kindheit in einer kriegsgebeutelten und sehr christlich geprägten Gesellschaft. In der Schule trifft sie auf Andrée, die zu einer wichtigen Konstante in ihrem Leben wird. Die beiden werden zusammen erwachsen, verbringen gemeinsame Urlaube, schreiben sich Briefe und begleiten sich durch die Höhen und Tiefen des Lebens – Sie werden „Die Unzertrennlichen“. Es verbindet sie eine innige Beziehung voller Dramatik und Tragik, während sie sich Zeit ihres Lebens Siezen und dadurch gleichzeitig eine gewisse Distanz wahren. Mit der Zeit müssen die beiden Frauen erkennen, dass die Gesellschaft sie in Korsetts zu zwängen versucht, die ihnen nicht passen. Während die eine jedoch die ihr auferlegten Grenzen überschreiten wird, wird die andere an ihnen zerbrechen…

„In diesem Milieu geht es darum, nicht aus der Reihe zu tanzen, nicht fur-sich zu sein, sondern für-die-anderen zu sein“, schreibt Sylvie Le Bon de Beauvoir im Vorwort. Dieser Satz fasst die mannigfaltigen Themen des Buches in meinen Augen gut zusammen – es sind Themen, die Simone de Beauvoir ihr Leben lang beschäftigten.

Die Geschichte von Sylvie und Andrée erzählt eine fiktionalisierte Version von Simones Freundschaft zu Zaza. Das Buch bietet neben dem bereits erwähnten Vorwort auch einen erhellenden Anhang mit Bilddokumenten und Originalbriefen der beiden Frauen.

Der Text hat mich (typisch für de Beauvoir Texte) unmittelbar nach Paris katapultiert und mich mit den Protagonistinnen fühlen lassen. Und obwohl eigentlich nicht viel passiert, hat mich die Beziehung, diese verhaltene Liebe zwischen Sylvie und Andrée in ihren Bann gezogen, während mich die Ungerechtigkeiten, die sie erleiden wütend machten. Auch die wunderbare Übersetzung von Amelie Thoma muss an dieser Stelle hervorgehoben werden. Sie hat de Beauvoirs Ton hervorragend ins Deutsche übertragen.
Vielen Dank an die @buechergilde für das wunderschöne Exemplar dieses Buches.