Seit einigen Jahren boomen Romanbiografien über historische Frauenfiguren, deren Cover alle irgendwie ein bisschen gleich aussehen. Noch nie habe ich eine davon gelesen, was einfach daran liegt, dass ich lieber (Auto-)Biografien lese, wenn mich eine Person interessiert und die Cover den Schwerpunkt eigentlich immer auf das Liebesleben der jeweiligen Person legen und einen Schreibstil vermuten lassen, der nicht meinem Geschmack entspricht.
Freundlicherweise haben mich die @aufbau_verlage aber angesprochen, ob ich die neue Romanbiografie über Astrid Lindgren lesen möchte und weil ich alles von und über diese Frau lese, was mir in die Finger kommt, habe ich in diesem Fall zugestimmt – trotz zielgruppengerichtetem Cover und dem Frontaufkleber, der „Mutige Frauen zwischen Kunst und Liebe“ ankündigt…

Autorin Susanne Lieder widmet sich den Jahren 1929-1958. Lindgrens erster Sohn war bereits geboren, der Roman setzt ein, als Lasse zu ihr nach Stockholm zieht. Beschrieben wird weiter, wie sie sich in ihren Chef verliebt, wie diese Ehe verläuft, ihr Weg zur erfolgreichen Schriftstellerin und der ihres Mannes in den Alkoholismus. Da ich bereits mehrere Biografien zu Astrid Lindgren gelesen habe, hat mir der Roman nicht wirklich neues erzählt. Stattdessen hat er ein Bild Lindgrens gezeichnet, das dem in meinem Kopf nicht wirklich entspricht. Welches nun realistischer ist, vermag ich natürlich nicht zu sagen, denn leider können wir Astrid Lindgren nicht mehr fragen, ob der Gedanke daran „versorgt“ und „Hausfrau und Mutter“ zu sein ein „geradezu berauschendes, beglückendes und zutiefst beruhigendes Gefühl“ bei ihr ausgelöst hat (S. 71 f.). Es mag sein, denn natürlich war es eine völlig andere Zeit und auch ein Freigeist wie Lindgren war selbstverständlich gesellschaftlichen Konventionen unterworfen.

Alles in allem lag mir der Schwerpunkt viel zu sehr auf der Liebesbeziehung zwischen Astrid und ihrem Mann Sture und viel zu wenig auf Lindgrens Kindheit, die sie so sehr geprägt hat, und ihrer Arbeit.

Die Sprache war mir oft zu seicht, mitunter verkitscht, die Gedanken und Worte, die Astrid in den Mund (und den Kopf) gelegt wurden, zu einfach, zu wenig komplex.
Der Ausflug, der mich aus meiner literarischen Komfortzone herausgeführt hat, hat dieses mal leider nicht meinen Geschmack getroffen. Das ist aber vollkommen in Ordnung, denn meine Kritik ist in diesem Fall ausschließlich Geschmackssache oder gründet sich auf ein Bild, das ich mir von einem meiner größten Idole gemacht habe, das ebensowenig Anspruch auf Wahrhaftigkeit erheben kann, wie jenes, das die Autorin in diesem Roman zeichnet.
Wer sich mit der historischen Figur Lindgren bisher nicht groß auseinandergesetzt hat und gerne leichte Lektüre in historischem Setting mit großen Emotionen liest, ist mit Lieders Roman sicher sehr gut beraten. Ich selbst greife in Zukunft lieber wieder zu klassischen Biografien oder Briefwechseln.
Vielen Dank für das Rezensionsexemplar.