„Die Herrschaft über andere zu erhalten ist eine schwere Bürde; die Herrschaft über andere an sich zu reißen ist ein schwerer Fehler; die Herrschaft über sich selbst anderen zu überlassen ist eine schwere Sünde.“
S. 218.

In @mariaslesekreis lesen wir gerade Gnade von Toni Morrison in der Übersetzung von Thomas Piltz.

Ich habe es vor ein paar Tagen beendet und hier kommen meine fünf cent:


Uff!
Zunächst kam ich gar nicht rein. Die ersten ca. 70 Seiten habe ich ehrlich gesagt nichts geschnallt. Wer erzählt gerade? Wer ist wer?
Ich habe tatsächlich überlegt, es abzubrechen, denn ich kam überhaupt nicht an.
Aber dann! Aaaaaber dann! Groschen fällt! Rädchen rattern! Verbindungen werden gezogen! Licht geht auf! Haut mich um!


Es geht um ein Gut in den USA um 1690.
Hier lebt eine Frau, die soeben zur Witwe geworden ist, mit drei Sklavinnen. Nachdem ihr Mann einer Krankheit erlegen ist, liegt die Herrin, nun selbst dem Tode nahe, mit Pocken darnieder. Aus wechselnden Perspektiven berichten die Frauen, wie ihr Leben vor der Farm war, wie sie dort hingelangt sind und wie sie dort lebten.


Toni Morrison schreibt vom Patriarchat, von Macht und Machtgefällen, von Männlichkeit und Weiblichkeit, von Hilfsbereitschaft, Mitleid, Herrschaft und Gnade. Und das tut sie meisterlich, bewegend ohne Rührseligkeit, ohne Kitsch. Ein großes Buch!

„Wir lassen die Welt nicht werden, sagt sie. Die Welt lässt uns werden. […] Du lässt mich werden und du bist meine Welt.“
S. 96

„Allerdings war Hiob ein Mann. Und Unsichtbarkeit war etwas, das Männer nicht ertragen konnten. […] Was Hiob so schockierte, dass er Demut und Glauben wiederfand, war eine Botschaft, die Frauen von jeher und bis zum Erbrechen eingehämmert wurde.“
S. 123.

„Der eine ist ein Löwe in der Haut eines Esels. Der andere ist ein Esel in der Haut eines Löwen. Es ist das innerliche Verdorren, das zum Sklaven macht und das Tor öffnet für das, was wild ist.“
S. 209.