„Nein, es hört nicht auf. Liebe ist nichts als Geduld. Eine devote, ungeheure, tyrannische Geduld. Eine unsinnig optimistische Geduld.“

S. 218

„Wars das jetzt?“ Das ist wohl eine der Fragen, die sich jede_r mindestens einmal im Leben stellt. So auch Adèle, die Protagonistin in Leïla Slimanis Roman All das zu verlieren. Adèle ist verheiratet. Ihr Mann ist Arzt. Sie sind Eltern eines Kindes und leben in einem schönen Haus in einer gehobenen Gegend von Paris. Adèle ist Journalistin. Eigentlich könnte es kaum besser sein, eigentlich ist alles gut, aber Adèle ist unzufrieden. Sie kann nicht aufhören, mehr vom Leben zu erwarten. Deshalb hat sie eine Menge Affären. Die wechselnden Männer, die sie meistens nicht einmal attraktiv findet, dienen nur dazu, ihrem Leben einen Kick zu geben, die Leere zu füllen, die sie verspürt. Sie hat große Angst, all das zu verlieren, aber genau diese Angst macht es eben auch aufregend, das eigene Leben immer und immer wieder zu sabotieren.

Mich hat besonders das Dilemma der Protagonistin als Mutter überzeugt, die Problematik, als ihr bewusst wird, dass sie die Liebe zu ihrem Kind und ihr Bedürfnis nach einem freien Leben nach ihren eigenen Regeln niemals wird miteinander vereinbaren können.
Slimani konnte mich schon mit ihrem ersten Roman Dann Schlaf auch du und den darin geschilderten Problemen von Frauen und Müttern in der Gesellschaft überzeugen und auch All das zu verlieren hat mich beeindruckt.
Wer meine Rezensionen regelmäßig liest, weiß, dass ich drastische Schilderungen von sexuellen Handlungen in der Regel nicht mag, hier treffen sie jedoch genau ins Schwarze, weil es hier nicht um romantische Liebe oder emotionale sexuelle Verbindungen geht, sondern um knallharten Sex, der Adèle ausschließlich dazu dienen soll, sich zu spüren.

Ein äußerst mutiges Buch!

Leïla Slimanis All das zu verlieren wurde aus dem Französischen von Amelie Thoma übersetzt und ist bei Luchterhand erschienen.