Er spürte ein lange unterdrücktes Gefühl von Sehnsucht nach den Seinen, nach Normalität. Nach Zeit, die man nicht messen, nicht einteilen musste, die man nach Lust und Laune verbrauchen konnte. Und Nähe, die man geschenkt bekam.

S. 119 f.


Fritz und Schultz werden im April 1945 beauftragt, eine Kasse quer durch Berlin ins Luftfahrtministerium zu bringen. Als Hilfsmittel dienen lediglich der schriftliche Marschbefehl und zwei klapprige Fahrräder.
Nachdem die zwei den Krieg bisher also mehr oder weniger unbeschadet überstanden haben, machen sie sich nun unfreiwillig auf einen gefährlichen und abenteuerlichen Weg. Fritz flüchtet dabei gedanklich immer wieder zu seinem Segelschiff, das am Ufer des Wannsees vertäut liegt und in die Erinnerungen, die er auf diesem Schiff in der Vergangenheit sammeln konnte. Sein Bedürfnis, sich dorthin zurückzuziehen und so dem Chaos ums Kriegsende zu entkommen, wird dabei immer stärker, sodass er einen Entschluss fasst.

Die leise Art, mit der Burghart Klaußner die Geschichte von Fritz und Schultz erzählt, hat mir sehr gut gefallen. Auf gerade einmal 173 Seiten begleitet man die zwei durch das Chaos Vor dem Anfang, das Berlin kurz vor Kriegsende. Während um sie herum alles in Trümmern und Lärm versinkt, wird man als Lerser*in durch (primär Fritz’s) friedliche und ruhige Gedanken geführt, Erinnerungen und Hoffnungen, die Halt bieten und Ziele eröffnen.
Klaußner erzählt von zwei grundverschiedenen Menschen, die ohne es zu wollen aufeinander angewiesen sind, deren Leben von einem Moment zum nächsten voneinander abhängig ist.
Mit sanfter Sprache versetzt er die Leser*innen dabei in eine unsanfte Zeit, die trotz großen Leids auch voller Hoffnungen war: die letzten Tage Vor dem Anfang.