Ich müsste zufrieden sein, dachte ich, wo ich so in der Sommerwärme lag, döste, die liebevolle Berührung meines Freundes spürte. Besser konnte es nicht werden. Ich sollte jetzt zufrieden sein, aber ich war es nicht, es gab so viel, was mich verstört, mir nachging: Mein Vater auf der Treppe, dieser starke Mann, diese erbarmungswürdige Gestalt, die einfach nur dasaß, als gäbe es keine Sprache, als gäbe es nicht das geringste Bedürfnis, zu fangen, zu halten, zu streicheln.

S. 126.

Als Laura in der ersten Klasse ist, kehrt ihre Mutter, die Frau, die Laura das Schwimmen lehrte, nicht aus dem Meer zurück.
Fortan lebt die Protagonistin mit ihrem älteren Bruder und dem Vater, der niemandem an sich heran lässt, in der norwegischen Kleinstadt am Meer.

Mona Høvrings Debütroman „Was helfen könnte“ („Noe som hjelper“, aus dem Norwegischen von Ebba D. Drolshagen) erzählt von Lauras Versuchen, etwas zu finden, das ihr über den Verlust der Mutter hinweghilft. Sie versucht, die Lücke zu füllen, indem sie vorsichtig Freundschaften knüpft, aber auch ihre Sexualität entdeckt.
Auf gerade einmal 131 Seiten eröffnet Mona Høvring ein ganzes Leben voller Möglichkeiten, Erlebnissen, Gefühlen und Erfahrungen. Ihre Erzählung ist so zart und gleichzeitig so wuchtig, intensiv und klar, dass man eigentlich gar nicht anders kann, als sie in einem Schwung zu inhalieren.

Besonders gefallen hat mir das kurze Interview im Anhang der Büchergilde Ausgabe. Die Autorin erläutert hier die besondere Rolle, die sie der Sexualität ihrer Protagonistinnen einräumt, dem „Interesse an verschiedenen sexuellen Identitäten“. S. 139.

Für die Frauen in meinen Büchern soll die Sexualität ein Freiraum sein, sie sollen auf diesem Gebiet gesund sein dürfen, möglichst wenig beschädigt […]. Ich habe mich entschieden, den Bereich des Sexuellen als eindeutigen Freiraum darzustellen.

S. 139 f.

Dies wissend, erschloss sich Høvrings Text rückblickend für mich noch einmal ganz neu, erfrischend und anders.
Und auch wenn ich kein Fan von Romanen ohne wirklichen Plot bin, kann ich nicht anders, als das herausragende Erzähltalent der Autorin und die kongeniale Übersetzung anzuerkennen. Chapeau.