Lilja lebt mit ihrem Großvater in einem Dorf, das keine Sonne kennt. Die Welt in der sie und die anderen Kinder groß werden, ist immer grau und trist. Nichts kann hier wachsen, die Ernten sind mickrig, die Menschen immer hungrig.
Nur Liljas Großvater schafft es irgendwie, das Dorf durch sein geheimnisvolles Gewächshaus mit Gemüse und Obst zu versorgen.
Eines Tages ignoriert die Ich-Erzählerin und Protagonistin das Schild, das Unbefugten den Zutritt verbietet und öffnet die Tür des Glashauses. Hier entdeckt sie einen geheimen Pfad in den Wald, den zu betreten den Kindern des Dorfes verboten ist. Als sie ihm folgt, eröffnet sich ihr eine völlig neue Welt, in der sie nicht nur ein wildes Abenteuer erwartet, sondern auch tiefe Freundschaft, Liebe, Glück und nicht zu Letzt die Lösungen und Geheimnisse ihrer eigenen Vergangenheit. Hier, tief Verborgen im Wald, wird es ihr gelingen, die Rätsel um ihre Familie und die verloren gegangene Sonne zu lüften und in ihr keimt „schließlich auch die Hoffnung auf einen neuen Frühling“ (Klappentext), den zu sehen sie sich mehr wünscht als alles andere.

„Die Sonnenwächterin“, der zweite Teil aus Maja Lundes Jahreszeitenquartett, aus dem Norwegischen von Ina Kronenberger, ist ein wunderschönes modernes Märchen, das nicht nur eine starke Protagonistin und eine tiefgründige Geschichte in sich vereint, sondern auch durch die bezaubernden Illustrationen von Lisa Aisato besticht. Das Buch hat nicht nur meinen Sechsjährigen komplett in den Bann gezogen, sondern auch mich absolut verzaubert. Und auch, wenn es für den Kurzen zwischenzeitlich noch ein wenig zu aufregend war und ich vermute, dass er die Mehrschichtigkeit des Plots nicht in seiner Gänze begreifen konnte, habe ich es so genossen, dass er immer noch ein Kapitel mehr hören wollte.
Unabhängig davon, das der Untertitel „Eine Frühlingsgeschichte“ ankündigt, fand ich es ein herzerwärmendes, hinreißendes Leseerlebnis für ussellige Herbsttage.

Maja Lunde hat eine wunderschöne Familiengeschichte geschaffen, ein Märchen, das vom Unsinn der Rache erzählt, davon, wie die Wut uns zerfressen kann und wie viel Mut es erfordert, zu verzeihen.