Okay, ich versuchs.
Zwischen Weltchaos und Gedankenkarussell Alltag spielen. Hier also eine Rezension aus dem Februar:

@lisa_liest und ich haben uns im Februar mit Jane Eyre und dem Motiv der „Mad Woman in the attic“ beschäftigt und der Einstieg, nämlich Charlotte Brontës Roman, den sie 1847 zunächst unter dem männlichen Pseudonym Currer Bell veröffentlichte, ließ mich etwas ernüchtert zurück.

Wir lesen die Lebensgeschichte der Titelheldin aus deren Perspektive. Jane verbringt ihre Kindheit mit Cousin und Cousine bei ihrer Tante, da ihre Eltern verstorben sind. Hier muss sie regelmäßig als Sündenbock herhalten, auch, weil sie sich nicht anpassen kann und will. Für ein Mädchen hat sie ein loses Mundwerk, liest zu viel und ist weder süß noch sanft, wie es sich gehört. Die Tante schickt sie dann auch bald fort, in eine strenge, christliche Schule, wo weitere Versuche unternommen werden, Janes Charakter zu brechen.
Als sie auch von dort fortgehen kann, gelangt sie als Gouvernante ins Hause eines gewissen Mr. Rochester, um dessen Schützling zu unterrichten. Wie es das Schicksal so will, verliebt sie sich Hals über Kopf in diesen Mann, doch leider ist ihnen das Schicksal (zunächst) nicht wohlgesonnen…

Es ist nun schwierig zu erklären, warum mir das Buch nicht so gut gefallen hat, wie ich erhofft und erwartet hatte, ohne zu spoilern.
Zunächst einmal: Ja, Jane ist irgendwie ne coole Socke und für die damalige Zeit eine starke und unkonventionelle Protagonistin. Das möchte ich gar nicht abstreiten. Brontës Schreibstil war mir jedoch schlicht zu ausufernd und zu langatmig. Hinzu kommt, dass Rochester (entschuldigt meine Ausdrucksweise) einfach nur ein blöder Saftsack ist, der seine erste Frau behandelt wie Dreck, über sie redet, als wäre sie ein ekelhaftes Tier und mit Jane absolut respektlos und gemein umgeht – woraufhin sie ihn heiraten will. Och nö, Leute…
Die einzige wirklich interessante Figur des Romans, nämlich eben jene erste Frau Rochesters, Bertha, bleibt leider nur eine kleine Nebenrolle, eine Randnotiz in der Frömmigkeitsromanze von Jane und Rochester.

Natürlich verstehe ich die literaturhistorische Bedeutung des Textes und diese möchte ich ihn und seiner Autorin auch keinesfalls absprechen. Wie Lisa und ich noch zeigen werden, hat Jane Eyre eine Reihe von Autor*innen in ihrem Schreiben geprägt und inspiriert und ihre Bertha hat immerhin ein literarisches Motiv begründet, das bis in die Gegenwart hinein reproduziert wird. Besonders das Nachwort meiner von Melanie Walz herausgegebenen und aus dem Englischen übersetzten @buechergilde Ausgabe hat mich mit Jane und ihrer Autorin versöhnt, aber ich bleibe trotzdem dabei: Wäre Mr. Rochester ein echter Typ und hätte man damals schon so inflationär fotografieren können wie heute, wäre neben dem Lexikoneintrag zu „toxische Männlichkeit“ immer noch ein Bild von ihm.
Habt ihr diesen Klassiker gelesen? Wenn ihr ihn geliebt habt, und ich weiß, das haben viele, erzählt mir bitte unbedingt, warum!