Im April haben @lisa_liest und ich und eine ganze Reihe Interessierter uns im Zuge von unserem Projekt #wicl (bzw. #womeninclassicliterature, in dem wir uns mit mehr oder weniger bekannten klassischen Autorinnen und ihren Werken auseinandersetzen) mit Christa Wolfs „Kassandra“ beschäftigt.

Vor knapp 15 Jahren habe ich den Text fürs Abitur lesen müssen und ich meine mich zu erinnern, dass er während meiner Schulzeit die einzige von einer Frau geschriebene Lektüre war, mit der wir gearbeitet haben. Nachdem ich das Buch nun erneut gelesen habe, verstehe ich noch weniger, warum man Teenagern einen so komplexen und schwer zugänglichen Text zumutet…

Wolf erzählt die Geschichte von Kassandra, der trojanischen Königstochter und Seherin der griechischen Mythologie aus ihrer Perspektive. Auf dem Weg zu ihrer Hinrichtung steigt der Text ein. Kassandra resümiert gedanklich die Geschehnisse rund um den trojanischen Krieg, sodass wir sowohl eine Innenschau der Protagonistin, ihrer Gedanken und Gefühle als auch eine Neuerzählung der Ereignisse aus einem weiblichen Blickwinkel erhalten. Dabei nutzt Wolf eine ausgesprochen poetische Sprache.

Damals wie heute haben mich die zahllosen Namen und Figuren völlig überfordert. So gut ich die Grundlagen um die griechische Mythologie und Geschichte zu kennen glaubte: ich habe immer wieder Überblick und Faden verloren. Die Erzählweise hat mich nicht nur durcheinander gebracht, sie ließ mich auch immer wieder abschweifen und es fiel mir wahnsinnig schwer, bei der Sache zu bleiben. Die Allegorie auf die DDR habe ich vor 15 Jahren ebenso wenig erkannt, wie heute. Ich sehe sie lediglich, weil ich um den Interpretationsansatz weiß.

Ich habe es gern auf einen zweiten Versuch ankommen lassen, denn ich wollte den Text so gern mögen. Doch so sehr ich verstehe, sehe und anerkenne, dass es sich hier um gute Literatur, um beeindruckende Sprachkunst und um einen enorm wichtigen Text der Literaturgeschichte handelt, so wenig konnte er mich persönlich fesseln oder begeistern.
Christa Wolf lässt mich noch einmal mit dem Gefühl zurück, intellektuell einfach nicht mithalten zu können.