Ich hätte viel öfter hier sein sollen, ich hätte auf eine andere Weise hier sein sollen, niemand wird wissen, dass ich hier war.

S. 169.

Ida ist Architektin und geht auf die 40 zu. Bis jetzt ist sie kinderlos und Single. Sie hat darüber nachgedacht, Eizellen einfrieren zu lassen – nur für den Fall, dass sie doch noch einen Mann trifft, mit dem sie ein Kind bekommen möchte. Zum Geburtstag ihrer Mutter trifft sich die Familie – Ida, ihre Schwester Marthe mit ihrem Partner Kristoffer und dessen Tochter Olea sowie die Mutter der beiden Frauen mit ihrem Partner Stein – im Sommerhaus an der norwegischen Küste. Hier erfährt Ida nicht nur, dass sie mit hoher Wahrscheinlichkeit unfruchtbar ist, sondern auch, dass ihre Schwester Marthe schwanger ist und sich wahnsinnig auf das Baby freut…

Marie Aubert hat mit „Erwachsene Menschen“ – übersetzt aus dem Norwegischen von Ursel Allenstein (wie immer großartig) – einen Roman geschrieben, der es vermag, eine stille und leise und dabei gleichzeitig hoch konzentrierte Spannung zu erzeugen. Der Klappentext sagt, sie erzähle „von jenen, die wir lieben – und dem, was wir ihnen antun, wenn wir nicht kriegen, was wir wollen“ und das trifft es einerseits sehr gut, andererseits erzählt Aubert so viel mehr: von gesellschaftlichen und eigenen Erwartungen an den weiblichen Körper, von Unsicherheiten im Hinblick auf den Kinderwunsch, vom Alleinleben, vom Zusammenleben, von guten, schlechten und wirklich schlechten Entscheidungen – und von ihren Konsequenzen für sich und andere.

Das Ganze ist in eine sehr leichte Sprache verpackt, die es durchaus erlaubt, die 170 Seiten in einem Zug wegzuatmen, zwischendurch schmunzelnd am Eiscafè zu nippen und über die Gemeinheiten kopfschüttelnd in der Sonne zu liegen. Die Bösartigkeiten, die hier geschehen, wirken so alltäglich, so nebensächlich, dass man kaum bemerkt, wie sie sich Seite um Seite summieren, bis man eigentlich nur noch darauf wartet, dass es knallt – und das ist handwerklich und stilistisch wirklich gut gemacht. „Erwachsene Menschen“ ist Familienroman, Gesellschaftskritik und ein Hauch von Thriller in einem – eine Mischung, wie ich sie bisher nicht kannte!

Buch ist selbst gekauft.