So viele Orte waren auch deshalb Männerorte, weil Männer sie für Frauen unbehaglich machten. […] Auf diese Weise haben Männer die Welt zu der ihren gemacht […].

S. 85.

Fantasy-Romane lese ich sonst kaum. Das wird sich nach der Lektüre von Judith und Christian Vogts Schildmaid aber ändern, denn es hat mich absolut begeistert.

Ein feministischer Viking-Fantasy-Roman? Hallo? I’m completely in!

Es geht zunächst um die Einzelgängerin Eyvor, die von der Meeresgöttin Ran den Auftrag bekommen hat, ein Schiff zu bauen. Die Kunde von der Einzelgängerin, die sich ganz allein dieser „Männerarbeit“ widmet, verbreitet sich schnell und so dauert es auch nicht lange, bis sich ihr andere Frauen anschließen. Als das Schiff, die Schildmaid, fertig ist, lassen sie sie zur See und begeben sich auf die Reise, um Rans Auftrag zu erfüllen: den Eisriesen Jökull töten und damit das Weltenende Ragnarök verhindern. Doch sie werden verfolgt…

Das Buch lebt nicht nur vom Plot, der ungemein spannend ist und die Protagonist*innen auf eine gefährliche und abenteuerliche Reise schickt, sondern auch und vor allem von den Figuren. Die Besatzung der Schildmaid ist so einzigartig und divers. Sie alle haben eine eigene Geschichte, einen ganz eigenen Charakter und wirken dadurch so authentisch und echt, dass ich beim Lesen die ganze Zeit das Gefühl hatte, sie zu kennen, ja, Teil der Crew zu sein.

Neben der Geschichte rund um die aufregende Reise, sind es vor allem auch feministische Themen, die im Zentrum des Textes stehen, denn die Figuren sind Mütter, queer, trans und/oder non-binär. Sie haben Behinderungen oder schwere Verletzungen. Sie sind verwitwet oder geschieden, sie sind Geflohene und Verstoßene. Manche von ihnen haben magische Fähigkeiten, andere sind ausgebildete Kämpfer*innen. Aber sie alle leben – trotz der absolut patriarchalen Gesellschaft, die sie zu brechen versucht.

Schildmaid hat mich komplett in seinen Bann gezogen. Ich habe Rotz und Wasser geheult, geschmunzelt und gelacht, bin vor Spannung fast geplatzt und ganz und gar eingetaucht in diese fantastische Welt.

Eyvor, Skade, Bodil, Ulfberht, Tinna und all die anderen haben einen Platz in meinem Herzen erobert. Besonders auch, weil das Ende so absolut anders war, als ich es erwartet hatte. Besser. Großartig.
Wenn ihr euch auch nur ein kleines popeliges bisschen für Wikinger, nordische Götter, Feminismus und Fantasy-Literatur interessiert, dann ist das euer Buch! Ich wünschte, ich könnte es noch einmal zum ersten Mal lesen. Nochmal lesen werde ich es in jedem Fall und von ganzem Herzen hoffen, dass es eine Fortsetzung gibt. Dafür teile ich auch mein Met mit Odin. Skål!
Bis dahin nehme ich jetzt erstmal die anderen Bücher des Autor*innen-Paars unter die Lupe.

Die größte, schrecklichste Macht, die es gibt, ist die Illusion, dass es nur eine mögliche Art und Weise gibt, wie wir leben können. Dass sie uns angeboren ist. Sie ist eine Lüge […].

S. 335.