Ein Wohnblock in der BRD in den 1980er Jahren. Hier lebt der Erzähler zusammen mit seiner Familie. Sie sind, wie fast alle in der Schlesenburg, ausgewanderte Polen, die es durch den eisernen Vorhang geschafft haben. Hier werden der Erzähler und seine Freund*innen groß, hier verbringen sie die Sommer im Freibad, beobachten im Winter den Schnee und fragen ob man „runter oder raus“ kommt. Besonders die neue in der Schlesenburg, Apolonia, hat es faustdick hinter den Ohren und nimmt kein Blatt vor den Mund. Dann verschwindet einer der Jungs aus dem Block und im Sommer 89 brennt die Wohnung der alten Frau Golowka. Außerdem soll der Onkel des Erzählers rübermachen. Schon lange arbeitet sein Vater daran, den Bruder zu holen, aber das Unterfangen ist gefährlich…

Wie durch eine Lupe und sehr detailliert beschreibt Bokowski in seinem Debütroman anekdotenhaft die Kindheit und Jugend in der Schlesenburg. Voll mit sprachlichem Witz hat mich das Buch wirklich gut unterhalten. Im Mittelteil hatte ich das Gefühl, dass die zu Beginn sehr dichte Erzählweise sich verlor. Das Ende konnte aber alles wieder rausreißen und hat mich zu Tränen gerührt. Ein bisschen schade fand ich, dass ein paar der Erzählstränge ins Leere liefen. Ich hätte gern viel mehr erfahren, die Figuren besser kennen gelernt. Dafür gab es Apolonia. Ich liebe Apolonia sehr. Und eines muss man Bokowski lassen: noch nie wurde ein Kackhaufen so bezaubernd beschrieben!

Es war eine dunkelbraune Hinterlassenschaft. Eine dicke schwitzende Kackwurst. Kein klassischer Haufen, sondern ein eilig abgelegter, geschwungener Bogen, von einer changierenden Konsistenz, von dicken gepressten Kötteln bis zu festem Brei, der halb abgeschnürt, halb abgerissen, mittig auf dem Wagen lag. […] Vier dicke Fliegen landeten nach einem kurzen Sturzflug sicher auf der dicken Steißfrucht.

S. 64.

Es war mein erstes Buch von Paul Bokowski, aber ziemlich sicher nicht mein letztes…