Angelina Boerger @kirmesimkopf fühlte sich schon immer, als würde sie einfach irgendwie ein bisschen anders ticken, als wäre bei ihr einfach irgendwas anders als bei den meisten anderen Menschen. Mit 29 Jahren bekommt sie dann die Diagnose: Sie hat ADHS.

Doch was ist dieses ADHS eigentlich? Haben das nicht nur Kinder, ist das nicht nur eine Erfindung der Pharma-Lobby und haben wir nicht alle ein bisschen ADHS (Spoiler: NEIN!)? Warum werden besonders Frauen oft erst spät diagnostiziert? Was macht ADHS mit Betroffenen, deren Alltag, ihren Beziehung und vor allem mit ihrer Psyche? Auf all diese Fragen gibt Angelina Boerger in ihrem Buch Antworten und vor allem liefert sie sehr persönliche Eindrücke in den Kopf und das Leben einer ADHS-lerin. Sie zeigt, wie es ist, wenn der Kopf einfach niemals Ruhe gibt und ununterbrochen feuert, wie es sich anfühlt, für ganz alltägliche Aufgaben wesentlich mehr Energie aufwenden zu müssen als andere und immer das Gefühl zu haben, trotzdem nicht mithalten zu können, auszubrennen. Sie erzählt Geschichten zum Schmunzeln, denn ja, es ist zwischendurch auch einfach lustig, was man mit so einem Gehirn erlebt, sie berichtet aber auch von der Scham, der Verunsicherung, dem verminderten Selbstwertgefühl und den teils schweren und langfristigen Folgen, die ADHS für Betroffene haben kann.

Wir entwickeln einen Perfektionismus, der von außen gelobt wird und den wir jetzt ständig erfüllen müssen, damit die Anerkennung nicht schwindet. Wir tun alles, um nicht als Hochstapler*innen enttarnt zu werden. Wir brennen still und leise aus, obwohl in uns das Feuer lichterloh brennt, verbrennen uns in Vorhaben und Verantwortungen, und nicht selten stürzt dieses Kartenhaus irgendwann über uns zusammen.

S. 172.

Das Buch richtet sich vor allem an Betroffene und Menschen, die bei sich selbst eine ADHS vermuten, an Angehörige, Freund*innen und Partner*innen von diesen Menschen, da es ihnen sicher helfen kann, zu verstehen, wie es in so einem Kopf aussieht und ganz allgemein an Interessierte, die wissen möchten, was es mit dieser „Trenddiagnose“ (Achtung Ironie) auf sich hat.

Kirmes im Kopf zu lesen, war für mich aus verschiedenen Gründen sehr bereichernd. Es ist so wichtig, dass auf das Thema ADHS bei Erwachsenen aufmerksam gemacht wird und Angelina trägt zusammen mit vielen anderen Blogger*innen und Aktivist*innen mit ihrem Account und nun auch mit dem Buch dazu bei, Aufklärungsarbeit zu leisten, Menschen zu erreichen und zu zeigen: das Klischee vom Zappelphilipp ist veraltet, nicht alle Menschen mit ADHS sind Kinder und diese Störung kann für Betroffene schwere Folgen haben.

Es ist wichtig, dass das Stigma verschwindet, damit Betroffene offen sprechen können und ihre Umgebung ihnen Verständnis und Rücksicht entgegenbringen kann. Das geht aber nur, wenn möglichst viele Menschen wissen, wie es in ADHS-Gehirnen aussieht und was das für die Betroffenen bedeutet.

Ich wünsche mir sehr, dass Angelinas Erfolg und der ihres Buches anhält, dass sie weiterhin eine riesengroße Öffentlichkeit erreicht und sensibilisiert. Ich wünsche mir, dass möglichst viele Menschen Kirmes im Kopf lesen.
Danke für deine Arbeit, Angelina.
Danke an den @kiwi_verlag verlag für die Bereitstellung eine Rezensionsexemplars.