Heute ausnahmsweise mal mit Heißgetränk im Bild, aber nur weil es zum Cover passt (okay, und weil ich kaffeesüchtig bin…). Danke an @tinargram für die Leihgabe des Buches.

Wer bin ich, wenn ich die Rolle ablege, die ich fast mein ganzes Leben lang spielen musste? Wer bin ich, wenn ich die Verkleidung ausziehe? Wer bin ich, wenn ich die Maske abnehme? Wer bin ich, wenn ich keine Erwartungen und Vorstellungen erfüllen muss? Wer bin ich, wenn ich zum ersten Mal einfach nur ich selbst sein darf?

S. 107.

Das sind Fragen, die sich jede:r von uns sicher schon einmal gestellt hat. Linus wahrscheinlich öfter und intensiver als manch andere, denn Linus ist mit weiblichen Geschlechtsmerkmalen geboren und wurde als Mädchen und Frau gelesen, bis er sich mit 31 Jahren outete und beginnt, der Mann zu werden, der er immer war: Linus. Von seinem Leben als trans Mann erzählt er in seinem Buch „Ich bin Linus“. Dabei hält er nicht mit negativen Erfahrungen hinterm Berg, sondern spricht ganz offen über digitale Gewalt, Bedrohungen und Unverständnis im Umfeld. Aber auch jede Menge Solidarität und Liebe schlägt ihm immer wieder entgegen und das drückte bei mir zeitweise schon arg auf die Tränendrüschen.
Besonders das vergleichsweise späte Outing und Linus‘ Wunsch, für die jetzige junge Generation das Vorbild zu sein, das er sich selbst gewünscht hätte, prägen das Buch. Der Ruf nach Repräsentation ist hier (zu Recht) laut. Auch die vorgebrachte Sprachkritik halte ich für gelungen. Ich konnte eine ganze Menge aus dem Buch mitnehmen und obwohl ich ein sehr buntes Umfeld habe, hat Linus mich definitiv weiter sensibilisiert. Dafür bin ich dankbar! Ein wichtiges und unfassbar persönliches Buch, dessen Offenheit mich stellenweise fast erschrocken hat – auf eine positive Art.

Ich glaube, meine Transition wird mein ganzes Leben lang dauern. Ich freue mich schon jetzt auf das nächste Level. Und das nächste. Und dann noch ein Level. Und noch ein Level. […] Ich möchte mir kein Geschlecht erobern, ich möchte Männlichkeit komplett vernichten und mit meinen eigenen Vorstellungen, Wünschen und Bedürfnissen ersetzen.

S. 118.