Denn in vielen der Geschichten, die ich gehört habe, haben Frauen einen größeren Einfluss auf andere Frauen als Männer. Wir sind in der Lage, anderen Frauen das Gefühl zu geben, dass sie schäbig, nuttig, schmutzig, ungeliebt und hässlich wären. Letztlich geht es dabei immer um Angst. Mal sind es Männer, die uns Angst machen, mal sind es Frauen, und manchmal machen wir uns so viele Gedanken über alles, was uns Angst macht, dass wir mit unserem Orgasmus warten, bis wir allein sind. Wir geben vor, Dinge zu wollen, die wir nicht wollen, damit niemand sieht, dass wir nicht bekommen, was wir brauchen.

S. 18.

Maggie war als Teenagerin in ihren Lehrer verliebt und dieser hat ihre Gefühle für ihn vor all den Jahren ausgenutzt. Jetzt hat Maggie sich ein Herz gefasst, endlich darüber gesprochen und Anzeige erstattet. Spätestens vor Gericht muss sie aber feststellen, dass man nicht ihm, sondern ihr jede Menge Vorwürfe macht.

Lina ist verheiratet – mit einem Mann, der sie seit Jahren nicht geküsst hat. Dabei ist ihr gerade das so wichtig. Dann begegnet sie ihrer Jugendliebe Aidan wieder, mit dem sie leidenschaftliche Küsse und mehr ausgetauscht hat und muss sich bald fragen, wo ihre Prioritäten liegen.

Sloane und ihr Mann betreiben gemeinsam ein Restaurant. Außerdem führen die beiden ein etwas unkonventionelles Sexleben, denn Sloanes Mann liebt nichts mehr, als dabei zuzusehen, wie seine Ehefrau mit anderen Männern schläft. Während sie die Offenheit der Beziehung einerseits schätzt, fragt sie sich andererseits auch, ob sie für die Männer – den eigenen Gatten und die anderen, mit denen sie schläft – eigentlich mehr ist, als ein Objekt, das der Befriedigung der eigenen Lust dient.

Drei Frauen, drei Geschichten über weibliche Lust, das Begehren von Frauen und die gesellschaftliche Wahrnehmung davon. Das Buch von Lisa Taddeo, aus dem Amerikanischen von Maria Hummitzsch, hat mich tief in seinen Bann gezogen. Ich habe die Geschichten der Protagonistinnen gefesselt, gespannt und verstört verfolgt. Ich habe die Charaktere als vielschichtig und authentisch empfunden und muss sagen, dass ich das Buch kaum aus der Hand legen konnte.

Einziger Kritikpunkt: Der Roman wird unter anderem beworben als „außergewöhnlicher Eindruck in die Psychologie der weiblichen Sexualität“ und „Buch der Stunde über weibliche Sexualität“ (Klappentext). Um wirklich eine Art Studie sein zu können, wie es die Rahmenerzählung des Romans andeutet, hätte ich mir unbedingt auch eine weniger negative, weniger problematische Perspektive gewünscht, die die wundervollen und positiven Aspekte des Themas aufzeigt. Denn wenn wir von Lust sprechen, sollten wir nicht vergessen, dass wir da von etwas reden, das eigentlich etwas Schönes und Genussvolles ist.
Danke an meine liebe Kollegin @grau_weiss_kind , die mir das Buch ans Herz gelegt hat. Du weißt, was mir gefällt!