Ich liebe die Bücher von Juli Zeh. Besonders Unterleuten konnte mich beim damaligen Lesen total begeistern.
Als ich freundlicherweise ein Rezensionsexemplar von Fragen zu Corpus Delicti bekam, war daher klar, dass zunächst einmal Corpus Delicti selbst gelesen wird. Mit beiden Büchern habe ich also zuletzt meine Zeit verbracht und keinen Moment bereut.

Corpus Delicti erzählt von einer Welt, in der die Gesellschaft einer Gesundheitsdiktatur unterworfen ist. DIE METHODE, wie das System heißt, kontrolliert alles: von der Bewegung, über das Essverhalten bis hin zum Abwasser. Alles muss hygienisch, keimfrei und geundheitsfördernd sein. Als die Protagonistin Mia Holl ihren Bruder Moritz verliert, einen Freigeist, der sich DER METHODE nicht unterwerfen wollte, verfällt sie in eine lähmende Trauer und vernachlässigt die verpflichtenden Kontrollen. So gerät sie zwischen die Räder des Justizsystems, das Unachtsamkeit und Widerstand nicht duldet – nicht einmal, wenn es sich eigentlich gar nicht um Widerstand handelt.

Ein absolut kluger Roman über eine moderne Hexenjagd, der zeigt, wie sich aus guten Gedanken verheerende Zustände entwickeln können, wie wichtig der Wert der Freiheit des Einzelnen ist und wie diese Freiheit unter dem Bedürfnis nach staatlich garantierter Sicherheit zwangsläufig leidet.

In ihrem Ergänzungsband Fragen zu Corpus Delicti setzt sich Juli Zeh Jahre nach erscheinen des Romans erneut mit ihrem Text auseinander. Sie erläutert Details zu den Figuren, zur Entstehungsgeschichte und zur Rezeption, behandelt aber auch philosophische, juristische und politische Fragestellungen, die der Roman aufwirft. Dabei lässt sie wieder einmal nicht den geringsten Zweifel daran, dass sie eine der wichtigsten und klügsten Stimmen unserer Gesellschaft ist.
Ich kann beide Bücher von Herzen empfehlen. Wer Corpus Delicti noch nicht kennt, sollte es definitiv nachholen und wer danach das Bedürfnis nach einem klugen Sachbuch mit absolut aktuellen Bezügen hat, dem sei der Ergänzungsband hiermit wärmstens ans Herz gelegt.


Ich wünschte, in Politik und Gesellschaft gäbe es viel mehr Juli Zehs.