Bei seinem Anblick dachte ich an zu Hause – vielleicht ist zu Hause gar kein Ort, sondern ein unwiderruflicher Zustand.

S. 105

Mein erstes Buch im Juli war James Baldwins „Giovannis Zimmer“, übersetzt von Miriam Mandelkow, und ich schäme mich ein bisschen, dass ich erst jetzt einen Baldwin gelesen habe.

„Giovannis Zimmer“ ist die herzzerreißende Geschichte einer schwulen Liebe im Paris der 50er-Jahre. David, der Protagonist, hat seine Heimat verlassen und befindet sich auf einer andauernden Suche nach sich selbst. Während seine Freundin in Spanien das gleiche tut, lernt David Giovanni kennen und ihre Beziehung entwickelt schnell eine gefährliche Dynamik, denn über ihre jeweiligen Gefühle und die Konsequenzen, die sie dafür zu ziehen bereit sind, sind die beiden Männer sich alles andere als einig…

In einer Welt, die Andersartigkeit nicht akzeptiert, die voll ist von Frauenfeindlichkeit und konservativen, männlichen Idealen, schreibt Baldwin über die Liebe zweier weißer Männer zueinander, über Heimat und zu Hause, über Mitgefühl und Verständnis. Es geht um Versuche der Emanzipation und den Schmerz, der entsteht, wenn es gar nicht erst versucht wird. Ein durch und durch kluges Buch, das definitiv einen Platz in meinem Schrank finden und nicht das letzte Buch sein wird, das ich von diesem Autor lesen werde.

Wie skandalös es war, dass ein Schwarzer Mann zu dieser Zeit über die schwule Liebe zweier weißer Männer geschrieben hat und was damit zusammenhing, werde ich jetzt nicht separat erwähnen. Die Details entnehmt ihr dann bitte dem großartigen Nachwort von Sasha Marianna Salzmann.

Irgendjemand, […] dein Vater oder meiner, hätte uns erzählen sollen, dass nicht viele Menschen jemals an Liebe gestorben sind. Aber Massen sind zugrunde gegangen – gehen stündlich zugrunde, und noch dazu an den seltsamsten Orten! – aus Mangel an Liebe.

S. 69.